April 20, 2025

Warum der Westen gerade dabei ist, das zu verspielen, was die Ukraine verteidigt

Wohnhäuser in Trümmern. Kinder in Kellern. Sirenen in Charkiw. Und irgendwo in einem Verhandlungsraum sitzen Männer in Anzügen und planen Frieden. Einen Frieden, über den nicht mit der Ukraine gesprochen wird – sondern über sie hinweg.

In Washington stellt man Ultimaten. Drei Tage für Putin, um sich „verhandlungsbereit“ zu zeigen – sonst, so heißt es, verliere man das Interesse. Verliere das Interesse, als wäre dieser Krieg ein Fernsehformat, das nach Quoten läuft. Als hätte die Ukraine nicht längst bewiesen, was das eigentlich bedeutet: dass man aushält, weitermacht, weiterkämpft – auch ohne ständige Aufmerksamkeit.

Zur gleichen Zeit fliegen Raketen auf ukrainische Städte. Mitten in Wohnviertel. Ohne Warnung. Ohne Ziel außer Schrecken. Es ist kein Zufall. Es ist ein Muster. Und dieses Muster kennt kein Verhandlungsfenster.

Was derzeit „Friedensverhandlungen“ genannt wird, ist in Wahrheit ein politisches Pokerspiel. Es geht nicht um Gerechtigkeit. Es geht um Ruhe. Um den Wunsch, diesen Krieg irgendwie zu beenden – schnell, bequem, schadlos. Und genau deshalb wird die Ukraine unter Druck gesetzt. Nicht mit Worten, sondern mit Bedingungen. Angebote über Territorien, als ob man Grundstücke verschiebt. Vorschläge zu Gastransit und Reparationsfonds, als wäre die Ukraine ein Schuldner, der seinen Kredit abarbeiten muss. Und dahinter die unausgesprochene Erwartung: Gib nach. Dann kriegst du Hilfe. Vielleicht.

Aber genau das ist das Problem.

Denn wer so rechnet, hat nichts verstanden. Nicht über Russland. Und auch nicht über die Ukraine.

Russland führt keinen Krieg, um irgendwann zur Vernunft zu kommen. Russland führt Krieg, um Grenzen zu verschieben, Gesellschaften zu brechen, Kontrolle zu gewinnen. Das Ziel ist nicht Verhandlung, sondern Dominanz. Und jedes Zugeständnis – ob diplomatisch oder territorial – wird dort nicht als Schritt zum Frieden verstanden, sondern als Schwäche. Als Einladung.

Die Ukraine weiß das. Sie hat es erlebt. In Butscha, in Mariupol, in Charkiw. Sie hat gesehen, was passiert, wenn man aufhört, sich zu wehren. Und sie hat gelernt, dass dieser Krieg nicht an Konferenztischen entschieden wird, sondern im Gelände. In Kellern. In Funkschatten. In Nächten, in denen niemand hinschaut.

Deshalb ist das, was gerade verhandelt wird, keine Lösung. Es ist eine Verschiebung. Eine Verdrängung. Eine Verwechslung von Wunsch mit Wirklichkeit.

Denn während der Westen Kompromisse sucht, passt sich die Ukraine an. Sie kämpft nicht mehr wie 2022. Sie improvisiert, sie optimiert, sie lernt. Spezialkommandos operieren mit einer Präzision, die weit über das hinausgeht, was klassische Armeen leisten. Drohnen werden nicht importiert, sondern gebaut – aus Bauteilen, aus Bastelresten, aus Notwendigkeit. Die Kommandoebenen arbeiten dezentral, schnell, entschlossen. Es gibt keine Luft nach oben, also gibt es keine Ausreden. Und genau deshalb funktioniert es.

Das ist nicht nur militärisch bemerkenswert. Es ist politisch entscheidend.

Denn die Ukraine zeigt etwas, was viele längst aufgegeben haben: dass Demokratie unter Druck nicht zerbrechen muss. Dass sie schneller, klüger, robuster werden kann – wenn sie weiß, was auf dem Spiel steht.

Was ihr gegenübersteht, ist ein Regime, das keine Regeln mehr kennt. Keine moralischen, keine rechtlichen, keine logischen. Und was viele im Westen nicht wahrhaben wollen: Dieses Regime versteht nur eine Sprache. Entschlossenheit. Alles andere nimmt es nicht ernst.

Deshalb ist der Druck auf die Ukraine so gefährlich. Nicht nur für sie. Sondern für alle, die sich irgendwann fragen werden, warum der nächste Krieg plötzlich vor ihrer Tür steht.

Ein Frieden, der auf Erpressung basiert, ist kein Frieden. Ein Deal, der Täter belohnt und Opfer belehrt, ist kein Kompromiss. Und wer diesen Krieg einfrieren will, bevor er entschieden ist, wird ihn nicht beenden – sondern konservieren.

Die Ukraine ist nicht der Patient. Sie ist der Beweis. Dafür, dass Widerstand möglich ist. Dass Wehrhaftigkeit kein Mythos ist. Dass Freiheit verteidigt werden kann – mit Entschlossenheit, mit Können, mit Haltung.

Und wer glaubt, man könne aus dieser Geschichte einfach aussteigen, ohne sie zu verstehen – der macht denselben Fehler wie alle, die ihr zu lange zugesehen haben.

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— Trollhunter

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