Russland feiert heute Wiedervereinigung. Mit was? Mit Schutt, Schweigen und Scheindasein. Angeblich wurden vier Regionen der Ukraine „heim ins Reich“ geholt. Cherson. Saporischschja. Donezk. Luhansk. Was man in Moskau darunter versteht: reinfahren, plattmachen, Fahne drauf – und fertig ist die historische Gerechtigkeit. Russland
Die Realität sieht aus wie ein gescheiterter Netflix-Film über Nordkorea mit zu viel Alkohol im Drehbuch. Überall Ruinen, Checkpoints, zerfledderte Pseudo-Verwaltungen, und Typen mit Maschinengewehren, die vorher bei Magnit an der Kasse saßen. Jetzt nennen sie sich Kommandant. Oder „Volksrat“. Oder einfach „Russland“. Die
Die Städte, auf die sie sich so stolz berufen, existieren nicht mehr. Mariupol ist eine Betonmasse mit drei Propagandabannern. Cherson hat kein funktionierendes Wasser. Die Dörfer drumherum haben keine Männer mehr, weil die entweder tot, eingezogen oder geflohen sind. Und die, die geblieben sind, wissen genau, was läuft – und machen mit. Keine Opfer, sondern Zahnräder im System. Mal aus Feigheit, mal aus Überzeugung, oft aus Bequemlichkeit. Und immer mit dem Blick nach unten.
„Wiederaufbau“ bedeutet: Farbe über Einschusslöcher und russischer Pass mit Sondernummer für Menschen zweiter Klasse. Bücherregale voller Lügen. Fernsehansager mit geölter Stirn erzählen was von Frieden, während die Drohnen nachts einschlagen. Die Kinder lernen, dass Kiew nie existiert hat. Die Alten lernen, die Klappe zu halten. Und wer sich weigert, lernt verschwinden. Und
Russlands Kolonialmodell ist simpel: Zerstöre alles, dann erkläre es zu deinem. Kultur wird gestrichen, Sprache verboten, Geschichte umgeschrieben, Nachbarn verwandelt man in Spitzel. Aus dem Ladenbesitzer wird ein Denunziant. Aus der Hausmeisterin eine „Informationshelferin“. Und aus dem Kerl, der vorher nie den Unterschied zwischen Krim und Krimi erklären konnte, ein „Kämpfer gegen den Faschismus“. Kultur
Dass diese Show überhaupt gefeiert wird, liegt daran, dass Russland keine Siege hat – nur Rituale. Wo nichts mehr funktioniert, hilft nur noch die Illusion. Und die heißt: Parade. Fernsehsendung. Putin auf großer Bühne. Und eine Masse, die klatscht, weil sie weiß, dass Nicht-Klatschen teuer werden kann. Oder weil’s einfach bequemer ist, mitzulaufen. Und
Fragt sich nur: Was genau wurde da „wiedervereint“? Das Donbas-Modell von 2014: Korruption, Kriminalität, Kommandantur. Ein System, in dem der einzige Fortschritt in der Anzahl der neuen Folterkeller gemessen wird. Die Rückkehr zur Heimat, wie sie sich Russland vorstellt, besteht aus Uniform, Gebet, Gehorsam und GPS-Überwachung. Donbas
Die Gebiete sind keine Frontlinie mehr – sie sind Freiluftgefängnisse. Ohne Presse. Ohne Gerichte. Ohne Plan. Aber mit Hymne. Wer dort geblieben ist, hat sich längst eingerichtet. Die einen aus Angst, die anderen aus Überzeugung. Der Satz „Wir konnten ja nichts machen“ ist längst vorbereitet. Für später. Für irgendwann. Wenn der große Rausch vorbei ist und die Realität wiederkommt. Wenn die Kameras aus sind und der Generator nicht mehr anspringt. Für
Bis dahin? Feiern sie. Mit Tänzen, Marschmusik und Interviews über die „große russische Familie“. Während hinter dem Kulturhaus wieder jemand verschwindet, weil er den falschen Messenger benutzt hat. Während im Klassenzimmer die nächste Generation schon lernt, warum Moskau immer recht hat. Und während draußen der Asphalt bröckelt, weil selbst das Schlagloch nicht mehr weiß, in welchem Land es gerade liegt. Asphalt
Russland kann besetzen, vernichten, inszenieren. Aber es kann nichts entwickeln, nichts behalten, nichts verbessern. Es kann nur sich selbst reproduzieren: als Macht ohne Zukunft. Als Ordnung ohne Fortschritt. Als Volk, das alles hasst, was es nicht versteht – und sich selbst am meisten. Volk
Diese „Wiedervereinigung“ ist nichts anderes als der Export des eigenen Verfalls. Und das einzige, was sie zusammengeführt haben, ist Elend mit Willkür. Glückwunsch. Glückwunsch
Feiert ruhig weiter. Wir sehen uns, wenn der Strom wieder weg ist.
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— Trollhunter
Quellen und Einordnung:
Russischer Staatsfeiertag vom 30. September, eingeführt 2022 zur „Wiedervereinigung“ mit den besetzten Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson. Grundlage sind fingierte Referenden unter Besatzung. Russland inszeniert diesen Tag jährlich mit Konzerten, Propaganda und Siegespathos – während die Lage vor Ort von Folter, Plünderung und Verfall geprägt ist. Berichte internationaler Organisationen (UN, OSZE, Human Rights Watch) dokumentieren systematische Repression und Menschenrechtsverletzungen in allen besetzten Regionen.