Zwei Meldungen. Auf den ersten Blick belanglos. Auf den zweiten ein verdammter Schuss vor den Bug – für Europa. Denn was hier geprobt wurde, war kein Hacker-Gag und keine Migrationsmeldung. Es war Kriegssimulation. Hybrid. Subtil. Hochgefährlich.
Aber fangen wir vorne an.
Jeder, der glaubt, Russland hätte aus der Ukraine gelernt, gehört sofort auf die Ersatzbank. Ja, der Kreml hat sich blamiert. Ja, das große Imperium hat sich in der Ukraine blutig verhoben. Sie wollten ein zweites Georgien 2008: kurzer Schlag, großer Schock, geopolitischer Respekt. Und bekommen haben sie: NATO-Beitritte, internationale Ächtung und ein Schlachtfeld, das täglich neue russische Leichensäcke produziert.
Aber glaubt ihr wirklich, Moskau zieht sich deswegen zurück? Räumt alles ein, zieht Konsequenzen und streckt die Waffen? Im Leben nicht. Russland will immer noch genau das, was es vorher wollte: Angst säen. Chaos stiften. Einfluss zurückerobern. Nur nicht mehr über die Ukraine – da kriegen sie nämlich eins auf die Nase. Sondern über die Flanke. Über EU-Staaten. Und genau da wird’s brenzlig.
Testlauf Nummer 1: Hacker kapern das Profil des tschechischen Premiers.
Plötzlich erscheinen dort Meldungen über russische Truppenbewegungen Richtung Kaliningrad, Gefechte mit tschechischen Einheiten, Kriegsgefahr. Alles gefälscht, klar. Aber ein paar Stunden online. Und genau das war der Punkt. Kein Angriff, sondern ein psychologischer Präventivschlag. Eine Studie darüber, wie schnell Panik greift. Wer glaubt’s? Wer rennt? Wer ruft die NATO?
Testlauf Nummer 2: Belarus öffnet die Schleusen.
Polen meldet: 300 Grenzdurchbrüche in einem Wochenende. Und das sind keine frierenden Geflüchteten mit Plastiktüte. Die kommen mit Bolzenschneidern, Metallstangen, Steinen. Sie sägen Zäune auf, kappen Stacheldraht, bringen Werkzeug mit. Das ist kein Zufall. Das ist Taktik. Und dahinter steht – wer wohl – Russland. Wieder einmal benutzt der Kreml die Fluchtbewegung als Waffe. Wie 2015 in Syrien. Nur näher. Nur direkter. Nur brutaler.
Und jetzt kommt der eigentliche Plan.
Denn was passiert, wenn Europa wieder taumelt, uneins ist, zögert? Dann kommt Phase zwei. Der echte Angriff. Und diesmal nicht mit russischer Flagge, sondern mit der belarussischen. Offiziell. Inoffiziell: russische Veteranen aus dem Ukrainekrieg, durchtrainiert, desillusioniert, brutalisiert. 400.000 Mann. Uniformiert. Mit gefälschten Pässen, aber echter Munition. Und plötzlich brennt’s nicht in Donezk, sondern in Warschau. In Vilnius. In Riga.
Der Vorwand? Völlig egal. Grenzschutz, Schutz von Minderheiten, Reaktion auf angebliche Provokation. Funktioniert immer. Und während Europa sich in Videokonferenzen verliert, werden Städte pulverisiert. Belarus geht nicht ans Telefon. Moskau schweigt. Und dann – aus dem Nichts – tritt Russland auf die Bühne. Als Vermittler. Der große Friedensmacher. Der Einzige, der Einfluss hat.
Und Europa? Redet. Fleht. Gibt nach. Schluckt. Wieder einmal.
Ihr glaubt, das ist übertrieben? Dann habt ihr 2022 nicht verstanden.
Die NATO? Artikel 5? Ja, schön und gut. Aber glaubt ihr ernsthaft, Trump – oder wer auch immer in Washington sitzt – wird amerikanische Soldaten schicken, weil irgendwo bei Suwałki ein Feuergefecht losgeht? Glaubt ihr, Paris und Berlin sind in der Lage, binnen 48 Stunden Truppen zu verlegen? Waffen zu liefern? Entscheidungen zu treffen?
Fakt ist: Europas Armeen sind klein, verteilt, unvorbereitet. Und auf der anderen Seite steht ein Heer aus Kriegsmaschinen, die wissen, wie man kämpft. Die haben Bachmut überlebt. Die kennen keine Skrupel. Das ist kein Spiel. Das ist ein realistisches Szenario. Und der einzige Unterschied zwischen einer überrollten polnischen Grenze und einer gestoppten Invasion ist: die Ukraine.
Nur die Ukraine hat heute die Erfahrung, die Härte, die Entschlossenheit, um Moskau zu stoppen.
Deshalb braucht Europa keine neue Taskforce, keine Besorgnis-Erklärung, keine zweite Münchner Sicherheitskonferenz. Europa braucht einen Militärpakt mit Kiew. Jetzt. Nicht morgen. Und nicht, wenn’s brennt.
Denn der nächste Krieg beginnt nicht mit Panzern. Sondern mit einem Post. Und er ist längst online.