„Zelenskyj holt seine Toten nicht ab“ – Wie Russland mit Leichen Propaganda macht

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Verfasst von Watchdog

Juni 25, 2025

Juni 2025. Russland bringt die nächste Lüge in Stellung – und diesmal liegt sie buchstäblich unter der Erde. Die Ukraine, heißt es, weigere sich, ihre eigenen Gefallenen zurückzunehmen. Sechstausend Leichen, angeblich von Russland übergeben, aber von Kiew ignoriert. Zu teuer. Zu viele. Zu unangenehm. Eine Behauptung, so kalkuliert wie grausam. Und so abgestimmt, dass sie gleichzeitig in Ungarn, Tschechien, Frankreich und der Slowakei erschien – mit denselben Zitaten, denselben Zahlen, denselben Anschuldigungen. Kein Unfall. Sondern ein Angriff.

Magyar Nemzet in Ungarn, CZ24 in Tschechien, Jednotné Slovensko, Réseau International in Frankreich – allesamt Plattformen mit langer prorussischer Schlagseite – streuen dieselbe Geschichte: 6000 tote ukrainische Soldaten, bereit zur Übergabe. Doch die Ukraine nehme sie nicht zurück. Weil sie sich die Entschädigung an die Familien „sparen“ wolle. Eine Geschichte ohne Belege, aber mit maximaler Emotionalisierung. Und überall dieselbe Zahl. Dieselbe Quelle: Russland. Dieselbe Rhetorik: Die Ukraine entehrt ihre Toten.

Das ist kein Zufall. Das ist kein Journalismus. Das ist Leichenpropaganda im Akkord. Emotional aufgeladen, sprachlich synchronisiert, politisch zersetzend. Die Artikel benutzen dieselben Wörter, die selben Bilder, manchmal sogar dieselben Formulierungen – als hätten sie alle beim gleichen Absender bestellt. Und genau das haben sie auch.

Zielgruppe: nicht Moskau. Zielgruppe: der Westen. Europa. Wir. Die Kommentarspalten. Die Zweifler. Die Telegram-Kanäle, in denen solche Lügen dann als „berechtigte Frage“ auftauchen. Die Mütter, denen man einredet, dass ihr Sohn irgendwo in einem Laster verrottet, weil Kiew zu geizig ist. Wer sowas teilt, macht keine Meinung – er macht sich zum Werkzeug.

Die 6000 – frei erfunden. Keine Listen. Keine Bilder. Kein einziger Beweis. Aber die Zahl reicht. Weil sie wirkt. Weil sie sofort eine Vorstellung erzeugt: von Vernachlässigung, Zynismus, Verrat. Genau das ist der Punkt. Nicht Information. Sondern Demoralisierung.

Die Realität ist eine andere. Am 11. Juni 2025 übernahm die Ukraine 1212 Gefallene. Am 14. Juni: weitere 1200. Übergeben von Russland, laut Vereinbarung, laut Protokoll. Seit Kriegsbeginn: über 8000 Rückführungen. Die Ukraine zahlt Entschädigungen – 15 Millionen Hrywnja pro Soldat, über 300.000 Euro. 20 % sofort, der Rest gestaffelt. Alles öffentlich, nachvollziehbar, dokumentiert. Kein einziger Fall belegt je eine „Verweigerung“ wegen Geld. Die Behauptung ist erfunden. Der Skandal: konstruiert.

Und Russland? Postet Videos von Leichenlastern ohne Ort, ohne Kontext. Zitiert Medwedew, Medinsky, das Verteidigungsministerium. Und reicht das weiter an Multipol360, an Magyar Hírlap, an CZ24. Die schreiben es auf – ohne zu prüfen, ohne Gegenstimme, ohne journalistische Pflicht. CZ24 schreibt nicht für Tschechien. CZ24 schreibt für den Kreml – auf Tschechisch.

Die Kampagne ist kein Zufallsprodukt. Sie ist ein Frontalangriff mit emotionaler Streumunition. Sie zielt auf Familien, auf Soldaten, auf den inneren Halt eines Landes. Und sie zielt auf uns. Auf unsere Zweifel. Unsere Müdigkeit. Unsere Anfälligkeit für Empörung. Der Trick: Wer Leichen zur Schlagzeile macht, bekommt Aufmerksamkeit. Wer 6000 Tote behauptet, zwingt zum Nachfragen. Und wer Kiew in den Dreck zieht, schafft moralischen Nebel, in dem plötzlich wieder „beide Seiten“ verschwimmen.

Was hier läuft, ist kein Krieg mit Waffen. Es ist ein Krieg mit Scham. Russland will nicht überzeugen. Es will zersetzen. Vertrauen, Erinnerung, Gewissheit. Es benutzt Leichen wie Munition. Und Redaktionen wie Nachladehilfe.

Wer das teilt, ist Teil der Operation. Wer das glaubt, hat die Seite längst gewechselt. Und wer das schweigend stehen lässt, hat nichts verstanden von dem, was hier eigentlich passiert.

Dies ist kein Skandal. Dies ist eine Strategie. Eine Strategie, die mit 6000 Toten beginnt – und mit der nächsten Lüge weitergeht.

Und während Russland mit Kadavern Politik macht, redet Europa immer noch davon, ob das schon Desinformation sei – oder einfach „eine andere Sichtweise“.

Das ist die Sichtweise eines Staates, der keine Armee mehr hat – sondern nur noch eine Kamera und ein Massengrab.

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— Trollhunter

Quellen und Einordnung:

Die russische Behauptung, die Ukraine verweigere die Rücknahme eigener
Gefallener, ist Teil einer gezielten Desinformationskampagne russischer
Geheimdienste im Juni 2025. Koordiniert verbreitet über prorussische Medien in
Ungarn (Magyar Nemzet, Magyar Hírlap), Tschechien (CZ24.news), der Slowakei
(Jednotné Slovensko) und Frankreich (Réseau International, Les Moutons enragés,
Multipol360).
Ukrainische Behörden haben die Lügen offiziell widerlegt:
– Am 11. und 14. Juni 2025 wurden insgesamt 2412 gefallene Soldaten von
Russland an die Ukraine übergeben – dokumentiert durch den
Koordinierungsstab für Gefangenenaustausch.
– Die Zahl „6000“ wurde von Russland erfunden, um Empörung zu erzeugen.
– Entschädigungszahlungen an Angehörige werden laut ukrainischem Gesetz in
voller Höhe geleistet (15 Mio UAH = ca. 317.000 €).
– Die Plattform StopFake hat zahlreiche Fälschungen analysiert, darunter
gefälschte „Politico“-Screenshots und russische Telegram-Videos.
Ziel der Operation: moralische Destabilisierung, Diskreditierung der Ukraine und
gezielte Demoralisierung von Angehörigen und Soldaten.

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WATCHDOG PROTOKOLLIERT. Keine Likes. Keine Kommentare. Nur Muster. Nur Störungen. Trollhunter kennt den Unterschied.