Oktober 6, 2025

Europa kriegt es mal wieder nicht mit. Während die NATO Gipfel abhakt und Brüssel in Gremien versinkt, startet Russland den nächsten Krieg. Nicht in der Ukraine. Sondern mitten in Europa. Auf dem Balkan. In Bosnien und Herzegowina. Mit einem alten Drehbuch, neuen Darstellern – und demselben Ziel: Zerstörung durch Destabilisierung.

Was viele vergessen haben: Bosnien ist kein normaler Staat. Es ist ein fragiles Nachkriegsprodukt – zusammengehalten von Verträgen, Druck und Hoffnung. Zwei Landesteile: die muslimisch-kroatische Föderation auf der einen, die serbisch dominierte Republika Srpska auf der anderen. Dazwischen etwas, das man Frieden nennt, obwohl es nie einer war. Und jetzt bricht das System auseinander. Von innen. Mit Ansage. Unter Applaus aus Moskau.

Im Zentrum: Milorad Dodik. Präsident der Republika Srpska. Offiziell ein Regionalpolitiker. In Wahrheit: Putins verlängerter Arm auf dem Balkan. Im Juni 2024 wurde Dodik verurteilt – wegen des Versuchs, das Verfassungsgericht zu entmachten und die staatliche Ordnung zu untergraben. Ein formales Signal, aber ohne Konsequenz. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dodik bleibt im Amt und nutzt jeden Tag, um Fakten zu schaffen. Ein Präsident auf Abruf – mit der Lizenz zur Sprengung. Während seine Anwälte Berufung einlegen, unterschreibt er Gesetze, die seine Region Schritt für Schritt vom Gesamtstaat abkoppeln. Nicht symbolisch. Nicht rhetorisch. Sondern juristisch. Schwarz auf Weiß. Paragraph für Paragraph. Der erste legale Schritt zur Abspaltung – und der erste offene Rechtsbruch. So hat es auf der Krim angefangen. So endete es im Donbas.

Und wieder schaut Europa zu. Während Belgrad gratuliert und Moskau den nächsten Hebel zieht. Die diplomatische Bühne ist längst vorbereitet: Am 6. März brachte Russland die Lage in Bosnien in den UN-Sicherheitsrat. Wieder derselbe Trick wie 2014. Erst etwas Weltöffentlichkeit, dann etwas russisches Völkerrecht, dann eine Okkupation im juristischen Gewand.

Und der Westen? Rechnet mit einer Krise. Ein paar Sitzungen, ein Vermittler, eine Erklärung. Aber nicht mit dem, was wirklich kommt. Denn Dodik wird nicht nur drohen. Er wird erklären – die Unabhängigkeit der Republika Srpska. Das ist der Plan. Und wenn das passiert, ist es vorbei mit der Neutralität. Dann stehen sich zwei bewaffnete Strukturen gegenüber: die staatlichen Sicherheitskräfte auf der einen, die serbisch kontrollierten Einheiten der Republika Srpska auf der anderen. Dazwischen: „unbekannte Bewaffnete“. Keine Embleme. Keine Herkunft. Aber klarer Auftrag. Genau wie damals in der Ostukraine. Genau wie auf der Krim.

Parallel dazu läuft die Propaganda: von „verfolgten Serben“, von „NATO-Druck“ und „Selbstbestimmung“. Alles bekannt. Alles wieder da. Nur diesmal mit mehr Routine, mit müderem Westen – und mit mehr Verbündeten innerhalb der EU. Denn was da entsteht, ist kein Krisenherd. Es ist ein antiwestlicher Block in der Mitte Europas. Serbien, Russland, Ungarn, Slowakei. Ein russlandfreundlicher Präsident in Kroatien. Ein paar autoritäre Träume in Österreich. Willkommen im Innenangriff. Moskau spielt nicht mehr außen gegen Europa. Moskau spielt jetzt drinnen. Und der Balkan ist das Sprungbrett.

Und ja – das klingt alarmistisch. Aber nur für die, die 2014 vergessen haben. Die glauben, Putins Krieg sei auf die Ukraine begrenzt. Die nicht sehen, wie Russland überall dort Feuer legt, wo der Westen zögert.

Montenegro 2016 war der Testlauf. Russische Agenten, serbische Kommandos, ein Plan zur Ermordung des Premiers. Parlament stürmen, Marionettenregierung ausrufen, Volksaufstand inszenieren. Der Putsch scheiterte nur, weil der Geheimdienst wenige Stunden vorher davon erfuhr. Jetzt läuft derselbe Plan. Nur sauberer. Nur koordinierter. Nur mit mehr Raum.

Was also tun? Aufwachen. Handeln. Nicht mit Appellen. Sondern mit Strategie. Klarer Sprache. Echten Konsequenzen. Keine symbolischen Sanktionen, sondern Blockade der gesamten Einflusskette. Keine Vermittlungsfantasie – sondern Konfrontation mit der Realität. Denn wenn Europa wieder zögert, wird Bosnien zum neuen Transnistrien. Und Russland bekommt das nächste eingefrorene Schlachtfeld – bereit zum Auftauen.

Dodik ist Putins Mann auf dem Balkan. Und er handelt längst im Auftrag. Während Europa glaubt, es gehe nur um Rhetorik, läuft das nächste Kapitel hybrider Kriegsführung – mit Gerichtsurteilen, Pseudogesetzen, Tarnuniformen und UN-Erklärungen voller Nebel. Das Ziel ist klar: die innere Sprengung Europas. Und Bosnien ist der Anfang.

Was wie Chaos wirkt, ist längst Koordination. Serbien liefert die Männer. Russland die Strategie. Ungarn die Tarnung. Und die EU? Reagiert auf alles – nur nicht auf das Muster. Die russischen Dienste spielen den Krim-Soundtrack – diesmal auf dem Balkan. Empfang okay? Oder immer noch Funkstille?

Wenn der Westen jetzt nicht handelt, zerbricht Bosnien. Nicht durch Panzer. Sondern durch Paragraphen. Nicht durch Bomben. Sondern durch Gleichgültigkeit.

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— Trollhunter

Quellen und Einordnung:

Alle wesentlichen Fakten im Text sind öffentlich dokumentiert:
– Die staatsrechtliche Struktur Bosniens basiert auf dem Dayton-Abkommen von 1995
– Milorad Dodik wurde im Juni 2024 wegen Missachtung des Verfassungsgerichts verurteilt; das Urteil ist nicht rechtskräftig
– Russland brachte das Thema Bosnien am 6. März 2025 im UN-Sicherheitsrat zur Sprache
– Der Putschversuch in Montenegro 2016 unter Beteiligung russischer Agenten ist historisch belegt
– Die Rolle Russlands bei der Destabilisierung Südosteuropas ist vielfach analysiert, ebenso die wachsende Koordination mit Ungarn, Serbien und prorussischen Akteuren in der EU

Die geopolitischen Einschätzungen beruhen auf öffentlich nachvollziehbaren Mustern russischer Einflussoperationen in Europa.

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