Russland wurde getroffen. Und wusste nicht mal, wie man schreit

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Verfasst von Watchdog

Juni 4, 2025

Ukrainische Drohnen zerlegen bei Tageslicht strategische Flugzeuge auf russischem Boden. Und was macht Moskau? Nichts. Kein Statement. Kein Dementi. Kein Peskow, der ins Mikrofon stammelt. Der mächtigste Staat Eurasiens hat sich am helllichten Tag selbst ausgesperrt. Und zwar aus seinem eigenen Kriegsnarrativ.

Denn Russland ist nicht überrumpelt worden. Es ist bloß wieder an seine Systemgrenze gestoßen. Diese Grenze liegt nicht bei Raketenreichweite oder Luftabwehr. Sie liegt im Kopf. Da, wo Initiative zur Bedrohung wird. Da, wo niemand entscheidet, weil niemand verantwortlich sein will. Da, wo jede Reaktion eine Gefahr für die Karriere ist. Das ist nicht Versagen. Das ist Absicht.

Russland kann nicht improvisieren. Es kann lügen, morden, planen, sabotieren. Aber sobald etwas Ungeplantes passiert, erstarrt alles. Weil das System nicht für Realität gebaut wurde, sondern für Kontrolle. Und Kontrolle hasst Überraschung. Also wird geschwiegen. Nicht aus Ohnmacht – sondern aus Angst. Angst vor der eigenen Befehlskette. Angst, am Ende der Erste zu sein, der sich bewegt.

Was in Russland passiert, wenn irgendwo etwas explodiert, ist kein Krisenmanagement. Es ist bürokratische Selbstverteidigung. Jeder ruft den Nächsten an. Keiner will entscheiden. Jeder will beweisen, dass er informiert hat. Und während dieses menschliche Faxgerät klingelt, fliegen weitere Drohnen.

Die Ukraine weiß das. Und sie nutzt es. Nicht nur mit Sprengstoff, sondern mit Zeit. Mit Inszenierung. Mit gezieltem Schweigen dort, wo Russland schreien müsste. Jeder Moment, in dem kein russischer Sprecher auftritt, ist ein Moment, in dem die Kontrolle weiterbricht. Nicht nur über die Lage, sondern über das eigene Volk. Denn wenn nichts gesagt wird, fragt man sich irgendwann: Was wird uns verschwiegen? Und warum?

Diese Leerstelle füllt Kiew. Mit Zweifeln. Mit Spott. Mit der gezielten Erinnerung daran, dass Russland zwar ein Präsidentenbild auf jedem Schulheft druckt, aber keinen hat, der sich nach einem Angriff vor eine Kamera stellt. Der Krieg spielt sich längst nicht nur auf dem Schlachtfeld ab. Sondern im Moment der Lähmung.

Russlands Eliten sind darauf trainiert, zu funktionieren – aber nicht zu handeln. Verantwortung ist tödlich. Eigeninitiative ist gefährlich. Und deshalb scheitert alles, was spontan sein müsste. Aufklärung? Zu spät. Reaktion? Gibt’s nicht. Kommunikation? Nur, wenn vorher abgestimmt. Das Einzige, was zuverlässig funktioniert, ist das Durchstellen nach oben. Und selbst das zittert.

Währenddessen posten russische Lokalbeamte Videos, die sie besser nicht gemacht hätten. Veröffentlichen Listen, die nicht veröffentlicht gehören. Reden, wo sie schweigen sollten. Und schweigen, wo sie reden müssten. Für die Ukraine ist das ein Geschenk. Weil russische Panik mehr Informationen liefert als jede Spionagedrohne. Und weil dieses System nicht besser werden kann. Es ist nicht reformierbar. Es ist genau so konstruiert.

Russland ist nicht unberechenbar. Es ist berechenbar gelähmt. Es braucht Minuten, um zu verstehen. Stunden, um zu entscheiden. Tage, um zu reagieren. Und in einem Krieg, in dem Minuten über Leben oder Niederlage entscheiden, ist das nicht Schwäche. Es ist Selbstzerstörung.

Was noch dazukommt: das Image. Jahrzehntelang hat der Kreml Milliarden investiert, um sich als gefährlich darzustellen. Der harte Mann. Die rote Linie. Die unberechenbare Macht. Aber wenn’s knallt, verschwindet dieser Mythos im Funkloch. Keine Ansprache. Kein Video. Kein Putin. Der Präsident ist der einzige Machthaber auf der Welt, der bei Angriffen auf sein eigenes Land regelmäßig abtaucht. Nicht aus Kalkül. Sondern aus Feigheit.

Denn man kann einem Land keinen Mut beibringen, das seit Jahrzehnten nur auf Angst konditioniert wurde. Man kann einem Kofferschlepper keine Führungsqualitäten einreden. Man kann eine Maus nicht zur Raubkatze befördern, indem man sie auf Plakate druckt. Russland wird nie ein starker Staat sein, weil es keine starken Menschen duldet.

Was das bedeutet? Ganz einfach. Jede künftige Operation kann genau dieses Fenster nutzen. Weil es nicht geschlossen werden kann. Weil niemand befugt ist, es zu schließen. Und weil alle lieber warten, bis der Rauch sich verzieht, statt einen Funken zu riskieren.

Russland hat vielleicht Atomwaffen. Aber es hat kein Rückgrat, keine Handlungskette, keine Gegenwart.

Es ist ein Staat mit Befehlston – und ohne Stimme. Ein Land mit Machtsymbolik – aber ohne Entscheidungskraft. Eine Atommacht, die Angst vor einem Anruf hat.

Deshalb: keine Panik vor Russland. Nur Präzision. Keine Ehrfurcht. Nur Klarheit. Keine Illusion, dass dort jemand führt. Und keine Ausrede mehr, das für Stärke zu halten.

Denn was gestern passiert ist, war keine Katastrophe für Russland.

Es war ein Röntgenbild. Und es zeigt: innen hohl.

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Trollhunter ist ein scharfes Rechercheprojekt gegen russische Propaganda, rechte Netztwerke und digitale Hetzte. Unsere Analyse ist kein Kommentar. Sie ist Gegengift. Für Europa. Für die Ukraine.