September 26, 2025

Ein Monat Krieg – und du zahlst die Zeche

Was wäre, wenn Deutschland die Mehrwertsteuer auf 22 % erhöht – nur um einen Monat Krieg zu finanzieren? Unvorstellbar? In Russland ist das gerade Realität. Und niemand sagt was.

Fangen wir mit einfacher Mathematik an. Zahlen lügen nicht – im Gegensatz zur Regierung. Die Mehrwertsteuer steigt von 20 auf 22 %. Klingt nach nichts. Ist aber ein Tritt in die Fresse für jeden Geldbeutel. Wenn ein Produkt bisher 1.000 Rubel netto gekostet hat, lag der Bruttopreis bei 1.200 Rubel. Jetzt sind es 1.220. Zwanzig Rubel mehr – für nichts. Für jedes Brot, jedes Medikament, jeden Liter Benzin. Klingt nach Kleingeld? Ist auf die Masse gerechnet 1,5 bis 2 % zusätzliche Inflation pro Jahr. Direkt in den Einkaufswagen. Ohne Ausnahme.

Aber das ist nur der erste Haken. Gleichzeitig wird die Freigrenze für umsatzsteuerbefreite Kleinunternehmer von 60 Millionen auf 10 Millionen Rubel gesenkt. Also von rund 580.000 Euro auf 97.000 Euro Jahresumsatz. Wer also als Café, Werkstatt oder Friseur im Monat 8.000 Euro Umsatz macht, fällt plötzlich voll unter die Mehrwertsteuer. Folge: Preise rauf um 15 bis 20 %. Wer das nicht mitzieht, geht pleite. Bedeutet: Alles Lokale, vom Pizza-Lieferdienst bis zum Schuster, wird teurer. Und zwar sofort.

Nächster Schlag: die Lohnnebenkosten. Arbeitgeber zahlten bisher 15 % Sozialabgaben. Jetzt sind es 30 % – bis zu einem Jahreseinkommen von 2,7 Millionen Rubel (ca. 26.000 Euro). Wer mehr verdient, löst zusätzlich 15 % aus. Beispiel: Ein Mitarbeiter bekommt 100.000 Rubel im Monat – rund 950 Euro. Bisher zahlte der Chef 140 Euro extra. Ab sofort 280 Euro. Über 3.000 Euro Mehrbelastung im Jahr. Pro Kopf. Bei besser bezahlten Mitarbeitern noch mehr. Was machen die Firmen also? Sie kürzen Löhne. Sie zahlen schwarz. Oder sie machen gleich dicht.

Übersetzt heißt das: Steuern steigen. Preise steigen. Schwarzarbeit wächst. Löhne verschwinden. Die Wirtschaft wird stranguliert. Und das alles für einen einzigen Grund: Krieg.

Das Finanzministerium träumt von 4,4 Billionen Rubel Extra-Einnahmen in drei Jahren – etwa 42 Milliarden Euro. Klingt nach dickem Geld? Reicht gerade mal, um den Krieg einen Monat länger laufen zu lassen. Denn allein im ersten Halbjahr 2025 hat die Armee jeden Monat 1,4 Billionen Rubel verbrannt – 13 Milliarden Euro. Jeden Monat. Fast eine halbe Milliarde Euro am Tag. Für Drohnen, Raketen, Sold und Gräber.

Heißt: Ganz Russland wird gerade ausgenommen, damit Putin noch vier Wochen Raketen abfeuern kann. Vier Wochen Shahed-Drohnen. Vier Wochen Särge. Dafür zerstört der Kreml den Mittelstand, treibt Millionen in Armut, zerschlägt Jobs und ganze Existenzen.

Und dann? Nächste Runde Steuererhöhung? Sonderabgabe auf Brot? Luftsteuer? Eine Wirtschaft, die nur noch für den Krieg lebt, frisst sich am Ende selbst.

Putin frisst die Zukunft. Nicht nur die der Ukraine, sondern die seiner eigenen Leute. Er frisst ihre Löhne, ihre Geschäfte, ihre Träume. Und das Volk? Frisst mit. Schweigt. Gehorcht. Hofft, dass die nächste Rechnung nicht gleich den Sargdeckel mitliefert.

Rechne mal selbst: Wenn dich der Staat jetzt schon bis auf die Unterhose auszieht – nur für 30 Tage Krieg –, wie lange bleibst du dann noch, wenn er ein ganzes Jahr weiterbomben will?

Gar nicht mehr. Und genau das weiß er.

Und während Russland seine eigenen Bürger bis auf die Knochen ausnimmt, um noch vier Wochen weiterzubomben, schaut Europa zu. Rechnet, zaudert, formuliert Sorgen. Als ginge es um Politik. Dabei zeigt Moskau längst, dass es keine Gesellschaft mehr hat – nur noch ein Kriegsapparat, der sich von Steuern, Angst und Leichen ernährt. Wer jetzt noch glaubt, das sei ein innenpolitisches Problem Russlands, hat den Schuss nicht gehört. Dieser Staat wird niemals aufhören, solange er nicht aufgehalten wird. Nicht durch Mitleid. Nicht durch Diplomatie. Sondern durch Klarheit – und durch Widerstand. Wo auch immer er herkommt.

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— Trollhunter

Quellen und Einordnung:

Offizielle Angaben des russischen Finanzministeriums zu Steuerreformen, Berechnungen unabhängiger Wirtschaftsinstitute (u. a. IMF, CSIS) zu Kriegsausgaben, Berichte russischer Wirtschaftsmedien wie RBC und Kommersant über die Senkung der Umsatzgrenzen und steigende Sozialabgaben. Alle Zahlen sind öffentlich dokumentiert und plausibel bestätigt.

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WATCHDOG PROTOKOLLIERT. Keine Likes. Keine Kommentare. Nur Muster. Nur Störungen. Trollhunter kennt den Unterschied.